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Heiter bis göttlich

Stiftung Kloster Dalheim (Hrsg.)

Heiter bis göttlich Die Kultur des Spiels im Kloster

Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2013

ISBN 978-3-89870-824-1

211 Seiten

 

 

Wofür sind Klöster in der Geschichte bekannt? Haben Sie nicht beeindruckende Zeugnisse der Buchkunst und der bildenden Kunst geschaffen? Sie werden es nicht glauben, denn die Klöster sind auch Zentren des Spiels und des Spielens gewesen. Ein Blick in die Ausstellung Heiter bis göttlich. Die Kultur des Spiels im Kloster bzw. in den entsprechenden Ausstellungskatalog zeigt, dass Konvente und Klöster manchmal allzu menschlich gewesen sind. Sie seien Arenen des Spiels (12) gewesen, wie es einem schnell offensichtlich wird. Konvente und Klöster haben bezüglich des Spielens und des Spiels noch mehr geleistet: Im Spannungsfeld aus Rekreation und Repräsentation, Tugend und Teufelswerk, Versuchung und Vergnügen, Heiligkeit und Scheinheiligkeit begegnen in den verschiedenen Lokalitäten des Klosters nahezu alle Facetten des ludus (23)

Ja, das Spiel und das Spielen haben ihren Ort im Kloster gehabt. So wird es beispielsweise offensichtlich, dass bei bildnerischen Darstellungen der heiligen Sippe auch Darstellungen des unschuldigen Spiels mit Steckenpferd, Windrad, Seifenblasen und Ratsche sich finden. Sport und Spiel Erholung im Kloster heißt es in einem Abschnitt der Ausstellung. So verwundert es nicht, dass innerhalb und außerhalb vergleichbare Spiele beliebt gewesen sind. Befremdlich erscheint es natürlich, dass es beispielsweise im Mittelalter den Brauch des Heidenkegelns gegeben hat. Dabei verkörpern die Kegel Heiden, die man mit Steinen oder Kugeln zu Fall bringt , wird unter anderem dokumentiert (60).

Sind Sie nicht auch der Überzeugung, dass Rosenkränze in der katholischen Kirche zum kontemplativen Gebet genutzt werden? Falsch ist es nicht. Die Ausstellung Heiter bis göttlich teilt jedoch mit, dass Heiligenbilder, Rosenkränze und wohl auch Teile von Ordenstrachten in einem Schweizer Kloster als Spieleinsatz genutzt worden sind. Es gibt viele Skurrilitäten, die die Ausstellung Heiter bis göttlich. Die Kultur des Spiels im Kloster ans Tageslicht bringt. Die römische Kirche erscheint plötzlich in einem heiteren Ambiente. Vor allem zeigt sie, dass klösterlicher Wandel immer auch parallel zu gesellschaftlichen Veränderungen stattgefunden hat. Der Rhythmus klösterlichen Lebens wird exemplarisch am Spielen und am Spielen dargestellt.

So hat es wohl auch Lehrspiele im Kloster gegeben. Der Kirchenvater Hieronymus muss den Wert spielerischen Lernens (83) unterstrichen haben. Konkret liest es sich so: Im klösterlichen Umfeld sind lehrhafte Spiele geschätzte Hilfsmittel, um sich Sachverhalte der Rechtskunde und der Theologie, aber auch strategisches und mathematisches Denken einzuprägen. Der geistlichen und moralischen Stärkung dienen das Geistliche Würfelspiel und die Geistliche Lotterie. (83) Wer den Ausstellungsband Heiter bis göttlich in die Hand nimmt, der schaut ab diesem Moment mit einer anderen Brille auf die Konvente, Klöster und die Klosterkultur. Schauspiel und Theater sind wichtige Elemente klösterlichen Lebens in vergangenen Jahrhunderten gewesen. Ordenstheater hat wohl dazu gedient, religiös-moralisch zu unterweisen. Ob es eine solche Tradition noch heute gibt? beim Tanz gibt es sie heute nicht. Allzu laut tönen heute die Einwände kirchlicher Funktionsträger, wenn es einen Versuch gibt, in der Liturgie eine Brücke von Tanz zum Glauben zu schlagen. Dass ein Tanz auf dem Labyrinth im Mittelalter den Weg zu Gott begleitet hat, ist eine Tatsache, die eine Bemerkung wert ist.

Es erscheint so, dass mit Heiter bis göttlich eine Lücke geschlossen wird in der Erforschung klösterlichen Lebens. Andererseits stellt sich natürlich die Frage, wieso der Alltag innerhalb und außerhalb klösterlicher Mauern sich so sehr unterscheiden muss. Die Ausstellung Heiter bis göttlich verschweigt es natürlich nicht, dass Nonnen und Mönche in der Gegenwart auch für Scherzartikel gut sind. Vielleicht mag es der ein oder andere, die Badeente Schwester Stephanie ins gemütliche Schaumbad mitzunehmen.

Beurteilen mag dies jeder für sich, inwieweit er oder sie das Spielerische im Dunstkreis des Klosters zu tolerieren vermag. Es bietet sich natürlich an, neben der Strenge klösterlichen Lebens als Kontrapunkt auch das Heitere, das sich um das Klosterleben spinnen kann, wahrzunehmen. Dies macht die Ausstellung und den Ausstellungskatalog Heiter bis göttlich auch für jene interessant, die sich vertieft mit dem Lachen und dem Humor beschäftigen.

Christoph Müller